unter dieser Überschrift widmete sich die Wirtschaftswoche in den Ausgabenummern 33 bis 35 dem Thema „Demografie“
Es wurde drastisch dargestellt der Fachkräftemangel:
- 36.000 Ingenieure werden gesucht
- 43.000 Spezialisten fehlen im IT-Verband Bitkom
- jedes dritte Unternehmen kann freie Stellen nicht besetzen. Dabei ist zu bemerken, daß in ungefähr 66 % die Bewerber „nicht ausreichend qualifiziert“ sind, in 26 % GIBT ES ÜBERHAUPT „KEINE BEWERBER MEHR“!
Es gibt aber eine „vernachläßigte Reserve“. Das sind die Migranten. Laut Statistischem Bundesamt von 2009 hätten 36,0 % der zwischen 25 und 65 Jahre alten Migranten keinen Bildungsabschluß bzw. befänden sich nicht in Ausbildung. (Zum Vergleich: bei den Deutschen sind das 10 % – auch keine rühmliche Zahl, wie ich meine). Thomas Bauer, Vizepräsident des RWI erkennt darin „die Quittung“ für Versäumisse hauptsächlich im sprachlichen Bereich. Sogenannten „Bildungsausländern“ wird keine über 90 Tage hinausgehende Arbeiterlaubnis erteilt. Von 26.000 „verblieben 2009 nur 4.820 Absolventen tatsächlich, um einen Job anzutreten.“ Und wir alle kennen hochqualifizierte Ausländer, die nicht im Rahmen ihrer Ausbildung bei uns arbeiten können, weil ihre Abschlüsse nicht anerkannt werden. Es geht um Ingenieure, Lehrer, Ärzte. Sie fahren Taxi und müssen sich mit Jobs durchschlagen oder werden in Fortbildungen zum Büroassistenten geschickt. Angeblich ist die Politik nun aufgewacht. „Bis zu 6.000 Euro bekommen Ausbildungsbetriebe für ihr Engagement.“ Das Schließen der Qualifikationslücke brächte 39 Milliarden mehr Steuern“ in den Staatstopf.
Ansonsten werden „auch ältere Arbeitnehmer plötzlich für die Wirtschaft wieder interessant.“ 1997 belief sich die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen auf 38 %. Heute sind es 56 % (EU-Durchschnitt 54 %). Durchschnittliches Verrentungsalter ist 63,5 Jahre. In Finnland reizen z.B. die 63- bis 68-Jährigen zur weiteren Arbeit Gutschriften in Höhe von 4,5 % des Bruttoeinkommens auf die Rente an. (Bei uns: 0,005 %). Für die Arbeitfähigkeit ist aber bekanntermaßen auch Weiterbildung wichtig. Aber traurigerweise ist es Fakt, daß „sich nur 21 Prozent der Mitarbeiter über 55 Jahre weiterbilden.“ Die Niederländer „können bis zu 12 Prozent ihres Gehalts steuervergünstigt sparen. Wenn sie sich weiterbilden und dafür die Arbeit unterbrechen, können sie sich das Sparguthaben auszahlen lassen.“
Und: „Nur 65,2 % der erwerbsfähigen Frauen gehen einer bezahlten Arbeit nach„.
Einer Umfage bei 107 Untenehmen zufolge würde „nur in der Hälfte“ der demografische Wandel von der Geschäftsfühung „überhaupt strategisch thematisiert“. – „Statt Programme extra für Ältere, Frauen oder Migranten aufzulegen, initiieren Personaler lieber Projekte mit vermeintlich schicken Bezeichnungen wie ‚Diversity Management‘, ‚Gesundheitsmanagement‘, ‚Desease Management‘ oder ‚Gender Management‘.“
„Um die Probleme der demografischen Entwicklung in den Griff zu bekommen (…) werden die Unternehmen vor allem zur Selbsthilfe greifen müssen. Gibt der Arbeitsmarkt nicht genug Idealkandidaten her oder müssen sie teuer abgeworben werden, bleibt oft nur, Mitarbeiter zu qualifizieren und zu versuchen, sie in neuen Arbeitsformen leistungsfähig zu halten.“
Als Beispiel wird BMW genannt. Hier ermöglichen Umorganisation und ergonomische Umgestaltung in der Montagelinie eine Erhöhung des Altersdurchschnitts auf 47 Jahre (statt 39). „Es ist eine Vielzahl von Details, (…), die das Arbeiten in der Produktion bis zum Renteneintritt ohne Abschläge ermöglichen könnte.“ Bei BMW: Holzböden, höhenverstellbare Tische, Sitzplätze zur Entlastung, Sprossenwand zum Entspannen zwischendurch, bewegungsgünstige Vorlage von Materialien, Pausen erlauben auch „Mußeminuten“, Wechsel des Arbeitsplatzes während der Schicht, damit die Tätigkeit weniger eintönig ist. Der Start am Montagmorgen wurde (gegen anfängliche Widerstände) nach hinten verschoben (von 4 auf 6 Uhr). – Die Werker sollten aber nicht „zwangsbeglückt“ werden, sondern bei all den Maßnahmen auch mitreden können. Nach einem Jahr konnte festgestellt werden, „Wirtschaftlichkeit und Ergonomie sind nicht per se ein Zielkonflikt“. Daß das alles nur der Anfang eines langen Weges ist, ist klar. Ein Grund: „Es gibt zu wenige Übersetzer, die den Werkern die wissenschaftlichen Erkenntnisse vermitteln können.“
Ein anderes Thema ist der Wissensverlust. Hier erwähnt die WiWo das „Generations“-Projekt bei ABB, das vor dem Austritt des Älteren ein mehrmonatiges Doppelgespann vorsieht, damit das gesammelte Wissen weitergegeben werden kann.
„Ein Mann, der nur rumsteht, ist immer noch der teuerste Mitarbeiter“. Gemäß dieser Erkenntnis betrachtet man bei Ford das Ganze. Jeder Werker erledigt komplette Aufträge. Die Mitarbeiter werden dabei so eingesetzt, wie sie arbeiten können. Zu Schichtbeginn gleichen die Führungskräfte in der FCSD-Halle (Ford Customer Service Division) die Montageaufträge mit den anwesenden Mitarbeitern und deren individuellen Einschränkungen ab. Für all das wurden und werden die Arbeitsabläufe optimiert. Und für die Werker heißt es, überdurchnittliche Fertigkeiten zu besitzen, denn die Arbeit ist „handwerklich komplex„. – Es gibt aber dennoch bei Ford eine lange Bewerberliste für dieses Modell.
„Die Kombination aus individueller Gesundheitsförderung, ergonomischen Maßnahmen und verbessertem Führungsverhalten könne die Arbeitsfähigkeit der über-50-Jährigen um ein Drittel erhöhen, sagt ein Professor am finnischen Institut für Arbeitsmedizin in Helsinki. – Leider schreibt die Wirtschaftswoche zum Aspekt des Führungsverhaltens dann nichts mehr weiter, erläutert aber einige Ansätze im Gesundheitsmanagement bei SAP, der Deutschen Bank, Lufthansa, Henkel und Continental. Und schließlich ginge es bei Weiterbildungen nicht nur um das Pauken fachlicher Qualifikationen, sondern darum, das Lernen wieder zu erlernen, so wie es z.B. bei der Otto Group im „Format Lunch & Learn“ erfolgreich praktiziert wird.